Panorama nach Südwest - aus der 28. Etage

Panorama nach Südwest - aus der 28. Etage

Dienstag, 30. März 2010

Kitabeginn naht

Bald ist unser Kita-Marathon zu Ende.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich noch alles in Erinnerung habe, was in diesem Zusammenhang bisher erledigt werden musste. Es war eine Menge, und wir sind noch nicht fertig.

Zuerst haben wir jemanden gebraucht, der uns erklären konnte, wie wir einen Kitaplatz beantragen können. Dabei konnten uns unsere direkten Nachbarn helfen. Sie schrieben zusammen mit uns den Antrag, der sich an den stellvertreten Prorektor der Universität richtet. Unsere Nachbarin arbeitet in der Univerwaltung und steht im Kontakt mit dem Büro des Prorektors - welch ein Glück!

Danach mussten wir das Büro für soziale Unterstützung der Studenten und Mitarbeiter der MGU besuchen. Dies befindet sich relativ zentral auf dem Unigelände, ist aber nicht so leicht zu finden - und es ist fast unmöglich, die Sprechzeiten zu erfahren. Beim zweiten Anlauf konnten wir vorsprechen.
In diesem Büro haben wir erfahren, dass es eine sehr lange Warteliste für die Kitaplätze gibt und dass (bei 75 regulären Plätzen) 86 Kinder betreut werden. Trotzalledem bekamen wir spontan einen Platz bewilligt - einen Halbtagsplatz (von 9 bis 13 Uhr) gegen volle Bezahlung. Wobei wir hier von ca. 120 Euro monatlich reden, während ein Ganztagsplatz daheim in Berlin um die 600 Euro kostet. Mit der ausgestellten Sprawka (Bescheinigung) sollten wir die Kita aufsuchen.

Die Einrichtung ist zu Fuß in ca. 25 Minuten zu erreichen. Am Eingang empfing uns der Ochrannik - auch die Kita hat einen Sicherheitsdienst und Ausweispflicht - und zeigte uns den Weg zur Leiterin. Es war eine sehr nette Frau Mitte 30 (wider Erwarten keine typische Babuschka). Sie suchte gleich den Kontakt zu Nata und war davon überzeugt, dass sie sprachlich schnell Anschluss finden wird, wenn sie erst einmal in der Gruppe ist. Der Kindergarten machte einen sehr guten Eindruck auf uns. Nun bekamen wir den eigentlich wichtigen Laufzettel in die Hand - eine Liste mit sechs Dokumenten und Nachweisen, die zu organisieren wären, die meisten davon ärztliche Atteste.

Also auf zur Kinderklinik! Wir bekamen eine Empfehlung für eine gute Klinik in der Nähe. Der Haken: es ist nicht die billigste. Durschnittlich kostet eine ärztliche Untersuchung um die 600 Rubel, also ca. 15 Euro. Kommen besondere Untersuchungen hinzu, werden Zusatzgebühren fällig. Die Moskauer bekommen die Leistungen über ihre Krankenkasse erstattet, doch in unserem Fall gilt das nicht - die Auslandskrankenversicherung übernimmt natürlich nur Notfälle, keine Vorsorge. Später haben wir in Gesprächen mit den Ärzten erfahren, dass bestimmte gleichwertige Untersuchungen noch vor der Reise zu Hause hätten erledigt werden können. Hätten wir das bereits in Berlin gewusst, uns wäre eine ganze Menge Aufwand erspart geblieben!


Insgesamt haben wir dreimal die Klinik aufgesucht, um acht Untersuchungen abzuarbeiten. Wir waren: beim allgemeinen Kinderarzt, beim Zahnarzt, beim HNO, beim Chirurgen (unser Standardwitz: sie müssen Nata aufmachen, um zu gucken, ob alle Organe da sind), der sich aber als Orthopäde entpuppte, beim Neurologen sowie beim Augenarzt. Zusätzlich musste Natalias Blut und Urin untersucht und der internationale Impfpass ins Russische übersetzt werden. Nie zuvor wussten wir so ausführlich über den Gesundheitszustand unseres Kindes Bescheid! Gesamtausgaben im Bereich Kita-TÜV: ca. 150 Euro.

Die restlichen Posten auf der Liste betreffen nur noch Kopien von Dokumenten: Geburtsurkunde, Versicherungspolice, Nachweis über unser Studium an der MGU. Wir sind mittlerweile so geübt im Umgang mit der russischen Bürokratie, das müsste doch locker zu packen sein!

Nachtrag

Ein langer Tag geht zu Ende.

Wer mehr oder weniger Wichtiges zu den Ereignissen zu sagen hatte, hat sich geäußert. Medwedew, Putin und Kadyrow drohen den Extremisten mit Vernichtung. Und die Userkommentarspalten in den Onlineausgaben der Zeitungen füllen sich mit brackigem Abwasser.

Was kommt jetzt? Abseits der offiziellen Nachrichtenwege wird viel darüber spekuliert, ob nicht der Vorwand zu einem weiteren Tschetschenienkrieg gefunden wurde. Mit dieser Drohkulisse könnte Putin erneut den Präsidentenstuhl für sich beanspruchen. Das klingt zwar nicht einmal ansatzweise nach einer Lösung des Kaukasuskonfliktes, die bitter nötig ist, aber die Massen verbinden mit Putin vor allem Führungsstärke. Der Mann war in der letzten Zeit nie wirklich abseits, obwohl er offiziell Medwedew unterstellt ist. In den Zeitungen ist der Regierungschef viel öfter zu sehen als der Präsident - als hätte Russland klammheimlich das deutsche Modell der repräsentativen Präsidentschaft übernommen.

Der Alltag íst recht schnell eingekehrt, doch die Menschen haben Angst. Schon vor den Anschlägen haben wir mitbekommen, dass viele Moskauer, mit denen wir sprachen, pauschal alle verachteten, die sie mit dem Kaukasus verbinden. Das geläufige Wort für diese Bevölkerungsgruppe ist "Tschernuchi" (die Schwarzköpfe), eine Art "Kanacken". Manche sorgen sich, dass die Wut jetzt in Agression gegen Kaukasier umschlagen könnte.

Wie gehen unsere Kinder damit um? Sie haben feine Antennen, das haben sie schon unzählige Male bewiesen. Wir versuchen zwar, unsere Verarbeitung des Geschehenen von ihnen fernzuhalten, aber unsere Betroffenheit ist präsent. Ein langer Spaziergang in dem großen Park am Ufer der Moskwa sorgte für einen klaren Kopf.

Ein Freund erklärte uns die Sache mit den hohen Taxipreisen. Seiner Ansicht nach liegt es nicht an der Gier der Fahrer. Die meisten Unternehmen seien in Mafiabesitz, und die Fahrer hätten gar keine andere Wahl, als die ihnen von oben vorgeschriebenen hohen Preise zu verlangen. Somit entbehren die Vergleiche mit der unentgeltlichen Beförderung von Verletzten durch New Yorker Taxifahrer nach den Anschlägen im Jahr 2001, die im Internet kursieren, jeder Grundlage.

Hier die Sicht eines anderen Bloggers aus Moskau.

Montag, 29. März 2010

Anschläge - wie damit umgehen?

Wir wollen nichts wiederholen, was nicht jeder schon irgendwo gelesen oder gehört hat.

Heute früh herrschte an der Universität eine gedrückte Stimmung. Alle hingen an ihren Handys, um Familienmitglieder und Freunde zu beruhigen oder um selbst Gewissheit zu erlangen. Manche Dozenten ließen über Aushänge mitteilen, dass sie nicht zum Unterricht erscheinen.

Die Explosionen betreffen die Metrolinie, die auch zur Universität führt. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sich viele Studenten und Dozenten in genau diesen Zügen aufhielten - an der Station "Park kul´tury" fuhr der Zug in die Innenstadt und hat die Uni bereits hinter sich gelassen, und "Lubljanka" liegt im Zentrum, wo sicherlich kaum MGU-ler wohnen. Die Tragödie wird dadurch nicht geringer, die Folgen für die Uni aber schon. Man kann davon ausgehen, dass morgen zumindest der Unterricht wieder normal aufgenommen wird.

Wir haben morgen einen Termin in einer Kinderklinik (wegen Natas Kitaplatz) und müssten dafür eigentlich mit der Metro fahren. Die Klinik liegt an der Station "Fruzenskaja", also nur eine Station von "Park kul´tury" entfernt... Wobei uns nicht nur die Sicherheit zu schaffen macht. Momentan wird jeder Passagier am Metroeingang genauestens kontrolliert, auch Taschenkontrollen finden statt. Allerdings ist nicht klar, ob die Strecke morgen schon befahrbar sein wird. Und zum anderen: wir haben unsere Pässe gerade wegen der Visumsverlängerung abgeben müssen, einzig ein Zettel mit Stempel der Uni und einem Passfoto, "Sprawka" genannt, dient uns zur Zeit als Ausweis. Die Miliz hier ist dafür berühmt, Unklarheiten in den Dokumenten auszunutzen, um den Leuten Geld abzupressen, so dass derzeit der Milizionär bei manchen mehr Angst hervorruft als ein gestandener Verbrecher. Wie würden sie bei uns reagieren?

Präsident Medwedjew hat bereits eine Rede gehalten, in der er die Fortsetzung der harten und kompromisslosen Gangart gegenüber Terroristen ankündigte. Indessen wollen wieder welche an der Schockstarre der Menschen verdienen: die Preise für Taxifahrten sind auf das Doppelte des normalen Niveaus geklettert. Daher können viele nicht anders, als in die Metro zu steigen, die ihren Betrieb - abgesehen von Teilen der betroffenen "roten" Linie - heute nicht unterbricht.

Anschläge auf Moskauer Metro

Heute morgen gab es im Moskauer Berufsverkehr zwei Explosionen, vielleicht sogar drei. Die aktuelle Nachrichtenlage geht von 30 Toten und etlichen Verletzten aus. Mehr Informationen wird es sicher im Laufe des Tages geben.

Artikel in der Zeit
Tagesschau

Es betrifft die Metrolinie, mit der wir immer von der Universität aus in die Stadt fahren. Die Station Park Kultury liegt vier Stationen weiter. Das ist schon ein seltsames Gefühl. Plötzlich so nah.

Sonntag, 21. März 2010

So ein Zirkus!

Da war er nun - der Kulturschock! Denn: Wir waren im Zirkus!
Direkt hier in der Nähe ist das riesige Zirkusgebäude vom Großen Moskauer Staatszirkus. 3400 Menschen finden darin Platz. Es ist ein überwältigendes Haus mit wirklich fantastischer Architektur.



Wir haben in der vorletzten Reihe ganz oben gesessen, mehr als 30 Meter über der Manege. Das war Zirkus pur!
Leider hatten wir keinen Fotoapparat dabei. Wie dumm! Denn wie soll ich dieses Erlebnis nur mit Worten beschreiben? Es war in jeder Hinsicht extrem, äußerst bunt, schrill, laut, sehr außergewöhnlich und... einfach anders. Die Homepage gibt einen guten Einblick.

Lasershow, Orchester, Tanzeinlagen, viele exotische Tiere und am Ende wurde sogar die ganze Manege zum gigantischen Wasserbassin für eine(!) Robbe. Dieser Zirkus war eine Mischung aus Musical, Konzert, Disco und eben Zirkus.
Vor allem die Vorführungen mit Tieren erinnerten sehr an den Zirkus der Zwanziger Jahre und wären so in Deutschland nicht denkbar gewesen. Fast alle Tiere hatten Kleidung an, zumindest eine Schleife um den Hals. Diese Vermenschlichung der Affen, Bären und Hunde mutete seltsam an.

Hier der Klassiker - ein Boxkampf mit einem Känguru.



Und, wer gewinnt wohl?!



Der Verlierer landet übrigens genau in diesem Wasserbecken.
Interessant war auch, dass in der ganzen Show ziemlich viel nackte Haut zu sehen war. Eigentlich war das eine Vorstellung für Kinder - Sonnabend um 15 Uhr. Aber die Papas sollen ja auch ihren Spaß haben...
Wir waren nach diesen drei Stunden Wundertüte echt erschöpft. Aber es würde sich glatt lohnen, noch einmal mit Fotoapparat hinzugehen.

Donnerstag, 18. März 2010

Alle da!

Wir sind noch da!
Nur eben etwas beschäftigt... Die Abende sind entweder voll mit Hausaufgaben und Lektüre, oder wir gehen zusammen mit den Kindern um 21 Uhr schlafen, um Kraft zu tanken. Wir haben es nun wirklich volle 10 Tage nicht geschafft, etwas zu schreiben. Auch dies wird nur ein kurzer Eintrag. Denn wir haben uns vorgenommen, nur "ausgereifte" Posts zu schreiben. Lieber selten und gut als oft und mittelmäßig.

Die vereiste Moskwa und im Hintergrund das Hauptgebäude der Uni

Wir finden es im Übrigen fantastisch, wie treu ihr - unsere Leser - seid! Die Besucherzahlen lassen nicht nach, auch wenn wir so lange nichts schreiben. Das freut uns sehr und spornt uns an, bald wieder mehr von unserem Leben hier zu erzählen. Versprochen!

Montag, 8. März 2010

Land unter

   Eigentlich wollte ich mich gestern mit einer Zusammenfassung unserer bisherigen Ausflüge im Blog zurückmelden. Aber stattdessen haben wir den ganzen Nachmittag und Abend damit zugebracht, unsere Wohnung wieder bewohnbar zu machen und Wäsche zu waschen. Neugierig, was passiert ist? Ich erzähl´s euch.
   Wir wollen gerade in die Innenstadt, das Moskau der Postkarten - den Roten Platz - anschauen. Die Kinder gehen noch einmal aufs Klo. Janek findet Gefallen an der Wasserleitung, die den Spülkasten mit dem Anschluss in der Wand verbindet... 
   Es hört sich an wie der Duschkopf, voll aufgedreht. Ich wundere mich noch, wer da im Klo duscht, da schreit Nata schon los. Ich renne hin, Katha auch. Janek steht total verdutzt da, hält den spritzenden Schlauch in der Hand, Nata ist schon tropfnass, das Wasser schießt in alle Richtungen. Katha flüchtet mit den Kindern ins Zimmer. Ich will den Schlauch greifen, da springt er auch aus der anderen Verankerung - jetzt kommt das eiskalte Wasser mit einem unvorstellbaren Druck direkt aus der Wand! Es landet in einem hohen Bogen genau im Flur. Literweise Wasser auf den Dielen!!!
  Der erste Gedanke in einem solchen Fall: Ausstellen! Dazu gibt es immer einen Haupthahn. Der ist hier aber nicht im Bad, sondern im Versorgungsschacht, der vom Hausflur aus erreichbar ist. Die Metalltür davor ist nicht nur versiegelt, sondern auch mit einem Vierkantschlüssel verschlossen. Aber zum Glück sitzt der Ochrannik an seinem Posten! (Was wäre, wenn er gerade nicht da wäre - rauchen, Rundgang machen, auf einer anderen Etage quatschen...?) Ich rufe ihn panisch herüber und gestikuliere wild.
  Auf dem Fußboden im Flur hat sich bereits ein See gebildet. Katha hat schon alles, was nach Stoff aussieht, zum Vollsaugen auf die Pfützen geschmissen - Decken, Handtücher, Klamotten. Jetzt versucht sie, die kreischenden Kinder von dort fernzuhalten - sie haben ordentlich Angst und wollen zu uns, weil sie die Lage nicht einschätzen können.
   Der Ochrannik kommt mit dem Vierkantschlüssel - aber der passt nicht! Wir versuchen in der Zwischenzeit alles, um das Wasser ins Klo umzuleiten. Die aberwitzigsten Ideen werden in der Not umgesetzt: eine große Schüssel so halten, dass das Wasser abprallt und ins Klo trifft (es landet überall, nur nicht im Klo); eine 8-Liter-Wasserflasche hinhalten und das Wasser auffangen (klappt erstaunlich gut, bis die Flasche voll ist); die Tür zum Bad zumachen (kommt alles unter der Tür durch, wie schlau!). Katha schafft es irgendwann, den Schlauch wieder auf den Wandanschluss zu drücken, und hält das andere Ende ins Klobecken. Nun wird die Überschwemmung zumindest nicht mehr größer. Aber wie weiter? Unser Nachbar kommt mit einem Vierkanter, den er sich selbst gebastelt hat. (Nachher wird er uns erzählen, dass er schon einmal dasselbe erlebt hat, nur viel schlimmer.) Endlich ist das Wasser aus, nach ca. 5 Minuten (gefühlte halbe Stunde...).
   Jetzt geht es an die Schadensbegrenzung. Katha nimmt erstmal die Kinder zu sich, um sie umzuziehen und sie zu beruhigen. Alle sind pitschnass. Ich wische und wringe, so schnell ich kann. Im Hausflur schaufelt eine Frau mit einer Müllschippe das Wasser in eine Schüssel. Der Boden ist schon ordentlich vollgesogen, hoffentlich dringt es nicht bis nach unten durch.
   Der Ochrannik und unser Nachbar haben sich seltsamerweise zurückgezogen. Wir merken bald warum, denn Katha ist ohne Hose unterwegs. Sie hat sich ja gerade umgezogen, als die Flut kam. Wir lachen beide, den Umständen entsprechend etwas hysterisch. Unser Ausflug ist förmlich ins Wasser gefallen - 200 Liter werden es schon gewesen sein.

Panorama

Dies ist der unglaublich schöne Blick vom Hauptturm in Richtung Moskaus Südwesten. Dort oben in den Etagen 24 bis 28 befindet sich ein Museum über die Geschichte der Welt mit vielen wirklich alten und spannenden Exponaten. Auf dem Foto sieht man vorn in der Mitte den Platz mit der Statue von Michail Wassiljewitsch Lomonossow, er gab die entscheidende Anregung zur Gründung der Moskauer Staatlichen Universität (MGU) im Jahr 1755. Das Gebäude hinter dem Platz ist die neue Bibliothek.

Freitag, 5. März 2010

Sprachbad

Das war sie, die erste Uni-Woche. Vier Tage voll mit Unterricht. Der Freitag ist für uns beide frei - nein, Hausaufgabentag, wie die Dozenten das hier nennen. Hausaufgaben gibt es nämlich immer und das nicht wenig.
Ich habe in dieser Woche nur den Sprachkurs zur Textarbeit besucht und festgestellt, dass es ganz schön schwer für mich sein wird. Ich bin dort in der Gruppe 6 mit Abstand die schlechteste. (Es gibt insgesamt 11 Leistungsniveaus.) Da aber überhaupt nicht darauf geachtet wird, ob alle im "richtigen" Kurs sitzen, kann ich sicherlich noch Unterricht aus niedrigeren Niveaustufen zusätzlich besuchen. Ein reiner Grammatikkurs wäre sinnvoll. Trotzdem möchte ich in dieser guten Gruppe bleiben und mich einfach dem Sprachbad hingeben. Auch wenn ich erst einmal nur zuhöre, bringt mich das enorm weiter. Nicht so günstig ist es allerdings, dass ich dort so viel Russisch mit Akzent höre. In den Pausen und auch sonst sprechen die ausländischen Studenten sehr oft sogar englisch miteinander. Das finde ich etwas gewöhnungsbedürftig.
Ich frage mich jetzt, wozu es den Einstufungstest überhaupt gegeben hat. Mir scheint, als ob all die Planung und Gruppeneinteilung am Anfang umsonst gewesen ist. Die Studenten wechseln nämlich munter ihre Kurse oder gehen erst gar nicht hin. Die Gruppen sind dadurch kaum größer als zehn. Es gibt auch keine Anwesenheits- oder Teilnehmerlisten. Aber die Kurse stellen ein Angebot der Uni dar und sind nicht obligatorisch. Wer möchte, findet in der Vielzahl der Sprachkurse genau die passenden.
Seba war in Seminaren und Vorlesungen, auch in solchen, die nicht nur für ausländische Studenten gedacht sind. Einige Kurse im Stundenplan fanden nicht statt, andere wurden verlegt in einen anderen Raum oder in eine andere Zeit. Insgesamt ist alles sehr flexibel. In den Kursen für Ausländer wird sehr darauf geachtet, dass die Studenten der russischen Sprache folgen können. Der Umgang von Dozenten und Studenten ist wohltuend persönlich. Man bekommt oft gleich die private Telefonnummer oder Adresse und wird ermuntert, sich zu melden, falls es Fragen gibt. Im direkten Kontakt wird man immer irgendwie an die Hand genommen. Das ist wirklich ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland. Hier kümmert sich immer einer (meist gleich mehrere), wenn es ein Problem gibt (oder auch keines).


An einem Abend war keine Zeit für Hausaufgaben: Seba hatte nämlich am Dienstag Geburtstag. Es gab Pelmeni, Torte, nette Gäste und viel russisch. Das war übrigens das erste Mal, dass wir hier etwas selbst gekocht haben, außer Teewasser vielleicht.

Montag, 1. März 2010

Uni- und Frühlingsanfang gleichzeitig!

Zumindest meteorologisch...
Zwar gab es schon in den letzten "Wintertagen" Plusgrade, nun ist es aber wieder kälter. Denn Frühling bedeutet in Russland hauptsächlich erst einmal, dass der Schnee anfängt zu schmelzen. Die ersten grünen Spitzen werden wohl noch etwas länger auf sich warten lassen.
Die Uni hingegen kann nicht warten. Seba sitzt heute von 10 bis 20 Uhr in drei Seminaren, er hat abwechselnd einen Block Unterricht und eine Freistunde, ich bin mit beiden Kindern zu Hause. Der Kitaplatz lässt nämlich auch auf sich warten. Wir haben mit Hilfe unserer Nachbarin (sie arbeitet in der Administration der Uni) ein Schreiben an den Prorektor aufgesetzt. Es überraschte uns, dass dieser mit den Kitaplätzen zu tun haben soll. Wir vermuten, dass es nur ein offizieller Weg ist, er wird diesen Brief vermutlich nicht lesen. Wie lange es nun dauert, bis wir eine Antwort bekommen, lässt sich nicht vorhersagen. Sehr wahrscheinlich ist, dass es noch einiges an Bürokratie zu erledigen gibt. Zum Arzt müssen wir sicher auch, um Natalias Gesundheitszustand erfassen zu lassen, das ist in Deutschland auch so. Hoffentlich klappt das alles noch im März.
Ich bin froh, dass wir neben der Uni so auch noch den russischen Kindergarten kennenlernen. Für mich als Lehramtsstudentin ist es besonders spannend, auf diesem direkten Weg etwas über das russische Bildungssystem zu erfahren. Ohne Kinder stünde mir dieser Bereich nicht offen.