Panorama nach Südwest - aus der 28. Etage

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Mittwoch, 10. Februar 2010

Wir sind drin!

Am Montag habe ich die Kinder und uns offiziell an der Uni registriert.
Die Registrierung ist ein Vorgang der staatlichen Behörden. Man will nachvollziehen können, wo und in welcher Funktion der Zugezogene sich niederlässt. Wer sich den Vorgang ausmalen will, denke an seine Steuererklärung - allerdings auf russisch.
Am Montag um elf Uhr habe ich mich bei Julia Juriewna Woronowitsch, der Koordinatorin aus der hiesigen Abteilung für Internationales, eingefunden. Es war ein warmer Empfang, wir haben uns seit den Auswahlgesprächen in Berlin im Dezember nicht gesehen. Im Voraus gab Julia mir den Tipp, vorerst ohne Frau und Kinder zu kommen, ich könne die Registrierung für alle vier erledigen. Also kam ich alleine.
Julia Juriewna (übrigens ist das der Vorname und der Vatersname, diese Anrufung in Verbindung mit einem "Sie" gilt als höflich) gab mir Anweisungen zu den einzelnen Abläufen, was ich vor allem mit "laufen" assoziiert habe - ich sollte mich nicht täuschen. Nebenbei lauschte ich mit halbem Ohr dem Gespräch am Schreibtisch nebenan: eine neu eingetroffene deutsche Studentin gab an, sie wohne vorerst zwei Wochen im Hotel und werde sich in dieser Zeit um eine Wohnung bemühen. Ihre Sachbearbeiterin fragte immer wieder ungläubig, ob es wirklich keine feste Adresse gibt, unter der man sie registrieren könnte. Zum Verständnis: die Anmeldung muss innerhalb von drei Tagen nach Einreise mit festem Wohnort erfolgen, ansonsten gilt man als nicht gemeldet und macht sich strafbar. Die Studentin, die gerade eine Zeit lang in London weilte, konnte sich offenbar nicht vorstellen, dass das Maß an Freizügigkeit von Land zu Land unterschiedlich sein kann.
Nun aber los. Zuerst suchte ich ein winziges Büro in einem Seitenflügel des Hauptgebäudes auf, wo mir und Katha die für einen Tag ausgestellten Propuske verlängert wurden. Ich habe auch Bezugskarten erhalten, nun bewohnen wir unsere Zimmer auch offiziell. Während des ganzen Vorgangs habe ich kaum etwas verstanden, denn die zuständige Bearbeiterin erklärte nichts und trieb mich zur Eile. Erst im Nachhinein konnte ich anhand der mitgenommenen Zettel alles entziffern. Interessant war, dass meine Unterschrift auch für Katha galt.
Weiter zur Philologischen Fakultät. Polina aus dem dortigen Migrationsbüro (jede Fakultät hat ihr eigenes, in der Philologischen ist zu Beginn der Sprechzeiten mit langen Wartezeiten zu rechnen) nahm die Daten von uns allen auf, inklusive der der Kinder. Notiert wurden die Daten von Pass und Visum sowie von der Migrationskarte (die jeder Ausländer bei Einreise in die Russische Föderation ausfüllen muss; eine Hälfte ist bei der Einreise abzugeben, die andere bei der Ausreise). Sie wurden an die russischen Behörden weitergeleitet. Man weiß jetzt, dass wir als Studenten der russischen Philologie hier leben. Auch hier reichte es, dass ich die Papiere von allen dabei hatte und für alle unterschrieben habe.
Mit dem Ausdruck der Datensätze bekam ich auch Rechnungen in die Hand. Damit geht man zur nächsten Bankfiliale. Tückisch ist dabei, dass es weit und breit keine Bankfilialen in der Nähe des MGU-Hauptgebäudes gibt - außer einer, direkt im Inneren des kolossalen Baues. Dort betragen die Gebühren 83 Rubel, also ca. 2 Euro, pro Transaktion, im Vergleich ist das Wucher. Die Anmeldegebühr an sich beträgt 120 Rubel pro Person.
Zum Schluss kehrte ich zu Julia Juriewna zurück und hatte samt der notwendigen Kopien für alles und jeden einen riesigen Stapel Papier in der Hand. Bis dahin sind ca. 5 Stunden Zeit vergangen. Ich war froh, dass sich alles erledigen ließ, ohne dass Katha und die Kinder mit mir warten mussten.
Wir werden eine Abschrift der Registrierung bekommen, die wir immer bei uns tragen müssen. Es ist ein abgetrenntes Stück von einer A4-Seite. Auch die Migrationskarte ist ein kleines Stück Papier, nicht besonders reißfest. Man muss höllisch auf die Dokumente aufpassen, denn bei Verlust oder Unleserlichkeit drohen Strafen. Erst wenn man diese Papiere zusammen mit Pass und Visum vorzeigen kann, kommt man der Ausweispflicht ordnungsgemäß nach.
Übrigens: die Abschrift gibt es erst Anfang nächster Woche, bis dahin sollten wir Fahrten in die City vermeiden, sagte mir Julia Juriewna. Sonst könnten wir uns bei einer Kontrolle nicht ausreichend ausweisen, und das wäre fatal.

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